Am Puls des digitalen Fortschritts: Natassa Antonopoulou auf der KIKK 2019
Was sind die neuesten digitalen Trends? Wie können wir mit dem digitalen Fortschritt Schritt halten? Auf diese aktuellen Fragen gibt es einmal im Jahr gebündelte Antworten – jedoch nicht auf einer Messe in einer Megametropole, sondern auf dem KIKK im beschaulichen Städtchen Namur in Belgien. Neugierig? Unsere Senior Art Directorin Natassa war zwei Tage vor Ort und berichtete hier von ihren Eindrücken.
Belgien, 30. Oktober – Designer, Entrepreneure, Künstler und andere kreative Köpfe stürmen das belgische Städtchen Namur. Unter ihnen: Friendventure Senior Art Directorin Natassa. Ihr Vorsatz, einmal im Jahr einen Kongress zu besuchen, hat sie dieses Mal auf das fünfte KIKK Festival geführt. Zwischen leckerem Bio-Frühstück am Morgen und belgischem Bier am Abend ließ sie sich vom geballten Angebot des Events begeistern.
Das Festival erstreckte sich über die halbe Stadt: Aug’ und Ohr konnten Kunstwerke an 20 verschiedenen Orten bestaunen. Workshops und Masterclasses waren an der Tagesordnung und als Highlight gab es einen kompletten „Market“, auf dem Entrepreneure und Künstler sich austauschen und kennenlernen konnten. Dreh- und Angelpunkt des KIKK sind aber die Konferenzen, die in einem alten “Théâtre” und einer Villa abgehalten werden.
Das KIKK versteht sich als “Festival”. Und wie auf Festivals üblich wird hier kein Programm linear abgearbeitet. Nein, hier ist “parallel” Programm. Man muss sich zu jedem Zeitpunkt zwischen all diesen Angeboten entscheiden. Gar nicht so einfach! Natassa konzentrierte sich auf das Kernstück des Kongresses: die Vorträge der internationalen Speaker zu aktuellen Themen über Kultur, Design und Data im digitalen Umfeld.
Archipelagos of Fragility
Was gab es auf den Konferenzen spannendes zu hören? Das Leitthema der KIKK 2019 war “Archipelagos of Fragility”. Ein sperriger Begriff, der nicht sonderlich viel über die Vortragsinhalte verrät. Das Programmheft ist da konkreter: “creative coding, data visualisation, VR/AR, storytelling, machine learning, bioart, design, research” usw. Wer suchet, der findet hier ganz bestimmt ein digitales Thema, das ihn anspricht. Diese zwei Vorträge gefielen Natassa besonders gut:
Beyond the Interface
Warum sind eindrucksvolle digitale Nutzererfahrungen heute so wichtig? Diese Frage stellten sich Thomas Léon und Thomas Byttebier von Base Design. Dafür warfen sie einen Blick in die Vergangenheit.
In der Antike bestand das Branding eines Händlers allein aus einem Stempel, den er seinen Waren aufdrückte. Kein Vergleich zu den hochkomplexen Corporate Identities von heute. Wie es dazu kam? Irgendwann stieß der Händler mit seinem Stempel auf ein “Limit”. Es kamen keine neuen Kunden dazu. Und gegenüber anderen Händlern mit Stempeln hatte er keinen Wettbewerbsvorteil. So entstanden erste Plakate, erste Slogans. Immer wenn eine Strategie an ihre Grenzen stieß, musste eine neue her.
Die Marketingstrategie, die heute ihr Limit erreicht hat, ist das Storytelling. Es genügt nicht mehr, bloß eine Geschichte zu erzählen – denn glauben muss die niemand. Stattdessen muss die Geschichte erlebbar gemacht werden. Ganz nach dem Motto “Taten sprechen mehr als Worte”. Dies kann im Großen bedeuten, dass ein Modelabel sich nicht nur als umweltbewusst bezeichnet, sondern auch Klimaschutzprojekte ins Leben ruft oder unterstützt. Im Kleinen bedeutet es, dass Storytelling auf einer Website nur mit intuitiver User Experience funktionieren kann.
Orchestrated Sensory Experiences
Ersin Han Ersin, der Creative Director von Marshmallow Laser Feast stellte eine VR-Erfahrung an der Schnittstelle zwischen Kunst, Technologie und Natur vor. Der Großstadtmensch ist heute von der Natur komplett abgeschnitten. Doch gerade zu Zeiten des Klimawandels müssen wir für unsere Umwelt sensibilisiert werden. Der Gedanke: Wir schlüpfen in die Haut von denen, die immer noch mit der Natur verbunden sind. Oder ins Fell. Oder das Gefieder.
Schnall dir eine VR-Brille um und das Team um Marshmallow Laser Feast lässt dich einen Wald aus Tierperspektive erleben. Dies ist weniger als konkrete “Therapiemethode” zu verstehen, sondern eher als ein Denkanstoß: Digitale und natürliche Räume müssen nicht als strikt voneinander getrennt betrachtet werden. Wir sollten uns für eine Vermischung der beiden Welten öffnen.
… und noch viel mehr!
Diese Liste könnte noch deutlich länger werden. Wir könnten über Aaron Duffy sprechen, der nicht nur von Illusionen in Kunst und Werbung gesprochen hat, sondern diese gleich mit auf die Bühne brachte. Oder von Star-Designer Stefan Sagmeister, der mit Design glücklich machen möchte und das Publikum kurzerhand zum Karaokesingen verdonnerte. Doch am besten schaust du dir diese Vorträge selbst an. Auf dem Vimeo-Kanal des KIKK sind die 2019er Konferenzen zwar bisher noch nicht hochgeladen, doch bis dahin ist definitiv genug Material der letzten Jahre vorhanden.
Für Natassa endete das Festival mit einem Besuch der Abschlussfeierlichkeiten. Da zwei Tage voller Vorträge, neuer Impressionen und Denkansätze jedoch durchaus schlauchen können, ließ sie die Nacht hier nicht zum Tag werden. Stattdessen fragte sie sich auf der Heimreise, welches Event sie 2020 besuchen möchte. Ob das wieder das KIKK sein wird? Das wird sich zeigen.